Heike Käferle
„Solidarität ist ein Grundprinzip der Universitätsgesellschaft und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses letztlich unser erstes Ziel.“
Die Corona-Krise hat Studierende existenziell hart getroffen. In Paderborn zeigen sich Hochschule und Stadt solidarisch. Kurzerhand stellte die Universitätsgesellschaft einen Hilfsfonds für in Geldnot geratene Studierende bereit.
Als die Pandemie ganze Wirtschafts- und Lebensbereiche lahmlegte, bekam eine Gruppe wenig Aufmerksamkeit: die Hochschulgemeinschaft. Dabei stellte Covid-19 Lehrende und Studierende vor immense Herausforderungen. In einem Kraftakt beförderten sie Seminare, Vorlesungen und Lerngruppen ins Internet. Doch für viele Studierende war dies das kleinste Problem. Plötzlich standen sie vor der Frage, wie sie ihr Studium überhaupt finanzieren sollen. Denn typische Nebenjobs aus der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche fielen aufgrund des Lockdowns weg. Von einem auf den anderen Tag versiegten die Verdienstmöglichkeiten. „Man darf nicht vergessen, dass die Einkünfte für viele Studierende unabdingbar sind. Wenn sie wegfallen, steht im schlimmsten Fall der gesamte Werdegang in Frage“, sagt Heike Käferle, Vorsitzende der Universitätsgesellschaft Paderborn. „So war es für uns selbstverständlich einzuspringen.“ Käferle ist zum Studium nach Paderborn gekommen – und geblieben. Mit dem Ehrenamt will sie die Institution unterstützen, die einst den Grundstein für ihre Karriere gelegt hat. Die Universitätsgesellschaft ist aber kein Alumni-Netzwerk, sondern der Verein der Freunde und Förderer der Universität Paderborn. 1985 als Zusammenschluss mehrerer Fördergesellschaften gegründet, fördert der Verein seitdem die Kooperation zwischen der Hochschule und den Bürgern, den Unternehmen und den Institutionen in Paderborn. Genau aus diesen Gruppen kommen auch die Vereinsmitglieder. Mit ihren Beiträgen unterstützt der Verein den wissenschaftlichen Nachwuchs etwa mit Zuschüssen für Reisekosten zu Kongressen oder für Druckkosten.
„Solidarität ist ein Grundprinzip der Universitätsgesellschaft und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses letztlich unser erstes Ziel.“
„In der Corona-Krise hat sich der Zusammenhalt von Stadt und Hochschule auf besondere Weise gezeigt. Die Solidarität mit den in Geldnot geratenen Studierenden war groß“, betont Dr. Andreas Siebe, stellvertretender Vorsitzender der Universitätsgesellschaft. Der Verein setzte zusammen mit dem Rektorat und dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) einen Hilfsfonds auf. „Der nächste Schritt war ein Spendenaufruf“, sagt Siebe. „Und der Rücklauf war überwältigend.“ Hochschulbeschäftigte zeigten sich ebenso großzügig wie Paderborner Unternehmen und die Mitglieder der Universitätsgesellschaft.
Bereits im April 2020, nur wenige Wochen nach dem ersten Lockdown, ging eine eigens eingerichtete Online-Plattform live. Seitdem arbeiten sich Siebe und seine Kollegen jede Woche durch die Online-Anträge. Mehr als 800 sind es mittlerweile, rund ein Drittel wurde bewilligt. Die Antragsteller legen ihre finanzielle Situation und die persönlichen Folgen der Pandemie dar. „Darin zeigt sich ein Querschnitt der gesellschaftlichen Krise. Das kann einen nicht kalt lassen“, so Siebe.
Um faire Entscheidungen zu treffen, stellte ein zu Beginn festgelegtes Gremium einen Kriterienkatalog auf und prüft die Anfragen im Sechs-Augen-Prinzip. Grundvoraussetzung für die jeweils einmalig ausgezahlten 450 Euro: Sie sollen ausschließlich Studierenden zugutekommen, deren Lage sich durch die Pandemie signifikant verschlechtert hat. Maximal ein Folgeantrag ist möglich, der in Einzelfällen auch bewilligt wurde.
„In der Corona-Krise hat sich der Zusammenhalt von Stadt und Hochschule auf besondere Weise gezeigt.“
„Manche haben damit eine Monatsmiete überbrückt. Andere mussten sich erst einmal einen Laptop kaufen, um an der Online-Lehre teilnehmen zu können“, zählt Käferle Beispiele auf, die zeigen, wie dringend schnelle und unbürokratische Hilfe ist. Staatliche Programme erfüllten ausgerechnet diese Kriterien oft nicht, weshalb einige Hochschulen die Lücke mit eigenen Hilfsfonds geschlossen haben. Die VerbundVolksbank OWL, die mit Regionalleiter Karsten Pohl den Schatzmeister für die Universitätsgesellschaft stellt, unterstützte diese insbesondere zu Beginn, als sich die Anträge ballten. „Wir haben die nötigen Konten eingerichtet, die Überweisungen übernommen und auch mit einer Spende geholfen. Das war selbstverständlich für uns“, sagt Pohl. Tatkräftig zur Seite stand ihm dabei Sarah Schwerter aus seinem Team. „Das war eine große Arbeitserleichterung für uns. Die VerbundVolksbank OWL stellte die Logistik sicher, damit das Geld umgehend bei den Studierenden ankam“, sagt Siebe.
„Für uns ist es wichtig, dass dieses Angebot der solidarischen Hilfe bestehen bleibt, solange es gebraucht wird.“
Die Studierenden sollen sich in der Notlage nicht allein gelassen fühlen. „Dafür ist eine zuverlässige Anlaufstelle vor Ort entscheidend“, sagt Käferle und betont, dass der Hilfsfonds fortgeführt werde, solange Bedarf besteht. Das wünscht sich auch Sharlene Frammelsberger, Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Universität Paderborn, die ursprünglich die Idee für den Hilfsfonds hatte. „Uns haben schon früh Hilferufe aus der Studierendenschaft erreicht, da viele ihren bisherigen Aushilfsjob plötzlich verloren hatten. Die meisten Studierenden sind aber gerade auf diese monatlichen Einnahmen angewiesen. Sie haben selten ein finanzielles Polster oder können nicht immer auf die Hilfe von Eltern hoffen, zumal diese auch selber von der Situation betroffen sein können. Daher war es wichtig, eine schnelle und unbürokratische Lösung an der Universität Paderborn zu finden, da zu dieser Zeit auch noch nicht auf eine zeitnahe Lösung von der Politik zu hoffen war. Nach nun mehr als einem Jahr finden sich einige Studierende noch immer oder auch wieder in dieser prekären Lage mit finanziellen Nöten. Daher ist es für uns auch wichtig, dass dieses Angebot der solidarischen Hilfe bestehen bleibt, solange es gebraucht wird. Wir sind dankbar, dass dieses Angebot besteht!“
„Solidarität ist ein Grundprinzip der Universitätsgesellschaft und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses letztlich unser erstes Ziel. In dieser besonderen Situation gilt das umso mehr. Es ist noch nicht absehbar, wann alle geimpft sein werden und das Campusleben wieder Fahrt aufnimmt. Wenn die Situation anhält, werden wir einen weiteren Spendenaufruf starten – und ich bin mir sicher, dass sich Paderborn ein weiteres Mal mit den Studierenden solidarisieren wird“, so Käferle. Denn kein Student und keine Studentin sollen Paderborn wegen Corona verloren gehen.