Eine kleine engagierte Gruppe aus Paderborn unterstützt während der Pandemie Künstler mit Spenden – mit dem Ziel, die kulturelle Vielfalt zu erhalten. Denn viele Kulturschaffende können seit einem Jahr kaum arbeiten und haben finanzielle Probleme.
Theater und Bühnen sind geschlossen, genauso wie Museen, Kinos, Clubs und Diskotheken. Und das seit mehr als einem Jahr. Um die Kultur- und Veranstaltungsbranche ist es still geworden. Musiker, Sänger, Kartenverkäufer oder Veranstalter können gar nicht mehr oder nur teilweise ihrem Job nachgehen. Um das zu ändern, haben Menschen aus der Branche Kampagnen und Aktionen ins Leben gerufen. Das Ziel: Den Unternehmen, Institutionen und den Menschen dahinter eine Stimme zu geben.
In Paderborn erhält die Kulturszene nochmal extra Unterstützung, und zwar in Form des Paderborner Kultur-Solis – ein Crowdfunding-Projekt, das örtlichen Kulturschaffenden finanziell unter die Arme greift. „Vielen Künstlerinnen und Künstlern ist ihre finanzielle Grundlage weggebrochen“, weiß Julia Ures, Moderatorin und Mitinitiatorin des Paderborner Kultur-Solis. „Unterstützung vom Staat gibt es kaum, und wenn, dann ist sie mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden oder geht oft an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei.“ Gemeinsam mit Olaf Menne von der Kulturvereinigung OWL und Markus Runte vom Stadtmuseum Paderborn hat Ures daher im Frühjahr 2020 den Kultur-Soli ins Leben gerufen – ganz unter dem solidarischen Leitgedanken und mit dem Ziel, Künstler und Kulturschaffende zu motivieren, trotz der schwierigen Lage weiterzumachen.
Die Idee entstand wenige Tage nach dem Beginn des ersten Lockdowns. „Plötzlich hatte sich für uns alle der Alltag auf den Kopf gestellt, von jetzt auf gleich“, erinnert sich Ures. „Doch in eine Schockstarre sind wir nur kurz gefallen.“ Schnell stand für die drei Kulturschaffenden fest: Sie müssen etwas tun. Und so entwickelten sie die Idee des Kultur-Solis, bauten einen Social-Media-Auftritt auf, starteten eine Website und organisierten das Crowdfunding. Das Einsammeln der ersten Gelder dauerte sechs Wochen. In dieser Zeit kamen mehr als 30.000 Euro zusammen – verblüffend viel für die Organisatoren. „Das war ein unfassbar großes Zeichen der Solidarität und das unmissverständliche Signal, dass wir eine gute Idee haben und die finanzielle Hilfe wirklich benötigt wird“, erinnert sich Ures.
Es ist ein überwältigendes Gefühl, so viel Anklang mit dem Projekt zu finden.“
Julia Ures
Die Initiative verwendet das Geld von Anfang an auf zweierlei Wegen: Zum einen gibt es ein Stipendium, mit dem Kulturschaffende über sechs Monate lang jeden Monat 500 Euro erhalten. Zum anderen können sie sich für eine projektbezogene Hilfe in Form einer Einmalzahlung bewerben. Ob und wie viel Geld ausgezahlt wird, entscheidet eine fünfköpfige Jury. „Wir wollen das so einfach wie möglich, aber so bürokratisch wie nötig handhaben“, sagt Ures.
Neben der direkten finanziellen Förderung unterstützt und initiiert der Kultur-Soli weitere Aktionen für die Kulturschaffenden in Paderborn. Das jüngste Beispiel: die „Bühne21“. Mit dieser Plattform für Streams von Kulturveranstaltungen in Ostwestfalen-Lippe kämpft der Kultur-Soli gegen die Gratis-Kultur, die sich während der Corona-Krise eingeschlichen hat. Auf der Website können Interessierte Tickets für Online-Konzerte, Online-Lesungen und andere virtuelle Veranstaltungen kaufen oder ein Abonnement abschließen, um regelmäßig das aktuell virtuell stattfindende Kultur-Angebot genießen zu können. „Ähnlich wie bei Netflix“, sagt Ures. „Dort ist es für Nutzer ja auch selbstverständlich, für Filme und Serien Geld zu bezahlen.“ Das Geld gelangt dann direkt an die Künstler selbst.
Außerdem organisieren die Macher des Kultur-Solis auch Online-Spenden-Galas, Konzerte und andere coronakonforme Formate, mit denen sie Geld sammeln. Bis heute sind durch all die Aktionen sowie zahlreiche Spenden von Unternehmen und Privatleuten mehr als 160.000 Euro zusammengekommen. 15 Projekte und 15 Kulturschaffende konnten bislang unterstützt werden. Auch die VerbundVolksbank OWL zeigt sich solidarisch und unterstützt die Initiative mit 10.000 Euro. Davon gehen 2.000 Euro an die Radiosendung „Wirtschaftsfaktor Kultur“ auf Radio Hochstift, die der Kultur-Soli angestoßen hat. Mit dem Rest des Betrags werden Kultur-Projekte wie die demnächst geplante „Lokalrunde“ unterstützt. Ein Teil fließt zudem in die Stipendien.
Aktuell läuft die nächste Bewerbungsrunde für Stipendien und die finanzielle Hilfe für Kultur-Projekte. „Es ist ein überwältigendes Gefühl, so viel Anklang mit dem Projekt zu finden“, sagt Ures. Mittlerweile sind Gruppen aus einigen anderen Städten dem Beispiel aus Paderborn gefolgt und haben ähnliche Crowdfunding-Projekte ins Leben gerufen. „Es ist wichtig, dieser großen und wertvollen Branche mit Solidarität zu begegnen“, sagt Ures. „Denn wir wünschen uns auch morgen eine große Vielfalt in der Kultur.“