Der Kunststoff-Verarbeiter Oskar Lehmann aus dem lippischen Blomberg kombiniert Kontinuität und Flexibilität, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Gerade in schwierigen Zeiten legt die Geschäftsführung Wert auf eine breite Produktpalette und ein großes Kundenspektrum. Auch deshalb ist
das Unternehmen im Wachstumsmarkt E-Mobilität eine feste Größe.
Bewahren und Erschaffen gehören für Melanie Lehmann untrennbar zusammen. Deshalb investiert die Geschäftsführerin des Kunststoff-Spezialisten Oskar Lehmann im lippischen Blomberg-Donop konsequent in Wachstumsmärkte. Schon früh hat das Unternehmen auf E-Mobilität gesetzt und sich auf dieses zusätzliche Geschäftsfeld ausgerichtet. Im Jahr 2014 hat der Mittelständler hierfür einen neuen Fertigungsbereich geschaffen. Dafür wandelte er eine einfache Lagerhalle in eine moderne Produktionshalle für die Spritzgussfertigung um. Nun produziert Oskar Lehmann in insgesamt vier Produktionshallen Kunststoffteile, unter anderem für die Ladeinfrastruktur an Elektro-Tankstellen und das Lademanagement für Autos. Damit hat das Familienunternehmen zum richtigen Zeitpunkt auf „das richtige Pferd gesetzt“. „Die Nachfrage hat in den vergangenen Jahren deutlich Fahrt aufgenommen“, erklärt Philipp Mrutzek, Leiter Fertigung.
Für Melanie Lehmann ist es nur konsequent, dass sie Innovationen vorantreibt und dabei eine gesunde Risikobereitschaft an den Tag legt. Die Geschichte ihres Familienunternehmens prägt in diesem Sinne die Zukunft, sagt sie. Und diese Geschichte beginnt mit Lehmanns Vater, Oskar Lehmann, der das Unternehmen im Jahr 1961 gründete. Der leidenschaftliche Techniker wollte zunächst Kunststoffspritzgießmaschinen fertigen. Doch dann begann er damit, selbst Kunststoffteile zu produzieren. Zu seinen ersten Auftraggebern gehörten Hersteller von Stahlrohrmöbeln – für sie produzierte Oskar Lehmann Abdeckstopfen. Mit großem Engagement, Ideenreichtum und guter Qualität begeisterte und gewann er schnell weitere Kunden. „Viele Kunden von damals sind dem Unternehmen bis heute treu geblieben“, so die Unternehmerin. „Und die Abdeckstopfen haben wir nach wie vor im Programm.“
Aus dem Ein-Mann-Betrieb hat sich über die Jahrzehnte ein mittelständisches Unternehmen mit fast 240 Mitarbeitern entwickelt, spezialisiert auf die Herstellung von Kunststofflösungen unter anderem für die Möbel-, Automobil-, Elektronik- und Bauindustrie. Im Jahr 2007 übernahm Melanie Lehmann neben ihrem Vater die Geschäftsführung. Der über 80-jährige Unternehmensgründer bringt sich auch heute noch gerne in die Geschicke des Betriebes ein, vor allem wenn es um strategische Entscheidungen geht. „Hier profitieren wir von seiner Erfahrung und seinem unternehmerischen Gespür“, sagt Melanie Lehmann.
Philipp Mrutzek und Melanie Lehmann
Ob Corona-Krise, Rohstoffknappheit oder zunehmender internationaler Wettbewerbsdruck – für die Unternehmerin haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass es in Zukunft weniger Phasen der Stabilität geben wird. Wer am Markt bestehen will, muss sich im Krisenmanagement beweisen. Agilität, Flexibilität und Veränderungsbereitschaft werden zunehmend gefragt sein. Um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, setzt Lehmann weiterhin – getreu der Unternehmensphilosophie – auf Risikostreuung. „In unserem Geschäft hat sich eine breite Produktpalette bewährt. Dabei ist es wichtig, nicht von einem einzelnen Kunden oder einer Branche abhängig zu sein“, sagt sie. Neben dem eigenen Katalogprogramm bieten sie auch die Entwicklung individueller Lösungen für Kunden an. Mit dem sogenannten Projektgeschäft werden im Auftrag anderer Unternehmen etwa Kunststoffteile für Kindergarteneinrichtungen, spezielle Verpackungen, Zahnspangendosen oder Produkte für die E-Mobilität hergestellt.
Auch Bio-Kunststoffe hat Lehmann als Markt mit Zukunft identifiziert und entwickelt nachhaltige Lösungen, um Kunststoffabfälle aus der eigenen Produktion sinnvoll zu recyceln. Gemeinsam mit der Universität Kassel untersucht das Unternehmen zudem, wie sich petrochemische Kunststoffe ohne Qualitäts-einbußen durch Bio-Kunststoffe ersetzen lassen. Die größte Herausforderung sei, das Material ähnlich langlebig wie herkömmliche Kunststoffe zu machen.
Die Zukunft von Oskar Lehmann liegt nicht zuletzt in jedem einzelnen Mitarbeiter, erklärt die Unternehmerin. Dass der Mittelständler seine Angestellten zu schätzen weiß, spiegelt sich in den langen Betriebszugehörigkeiten wider. Elf Jahre bleiben Mitarbeiter im Schnitt dort. Diese Loyalität ist ein wichtiger Faktor angesichts des Fachkräftemangels. „Das Image von Kunststoff hat leider in den letzten Jahren zu Unrecht gelitten. Die Berufe ‚Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik‘ und ‚Werkzeugmechaniker‘ gelten heute nicht mehr als besonders attraktiv“, bedauert Melanie Lehmann. Dem Familienunternehmen ist es daher ein wichtiges Anliegen, sich bei jungen Nachwuchskräften und Fachleuten als verlässlicher Arbeitgeber zu präsentieren und in der Region zu engagieren.
Seit mehr als 60 Jahren besteht zudem eine enge Verbundenheit zur Volksbank Detmold, ohne deren Unterstützung manche Investition schlichtweg nicht möglich gewesen wäre. „Mein Vater hat sich immer auf die Volksbank verlassen“, sagt Lehmann. „Sie ist die Bank der ersten Stunde. Es sind die Mitarbeiter dort, die ihm von Anfang an zur Seite standen.“ Auch in diesem Punkt wird die Geschichte ein Teil der Zukunft von Oskar Lehmann bleiben.