In Boffzen im Landkreis Holzminden spezialisierte sich der Mittelständler Noelle + von Campe auf hochwertige Glasverpackungen und setzt trotz steigender Energiekosten auch weiterhin auf Wachstum. Im April 2022 rollten in einer neuen Fertigungshalle des Unternehmens die ersten Gläser vom Band. Auch in unsicheren Zeiten gilt: Glas hat Zukunft.
Am Verfahren der Glasherstellung hat sich bei Noelle + von Campe seit der Gründung des Unternehmens vor mehr als 150 Jahren nicht viel geändert. Ein Gemisch aus Sand, Kalk, Soda und Recyclingscherben wird auf ungefähr 1.500 Grad Celsius erhitzt und zu einer zähen Masse verschmolzen. Anschließend wird diese dann in die richtige Form gebracht und abgekühlt.
Egal, ob Vierkant-, Rund-, Sturz- oder Drahtbügelgläser für die Verpackung von Gemüse oder anderen Produkten: Noelle + von Campe formt genau nach Kundenwunsch. Dabei legt die Geschäftsführung Wert darauf, dass es bei den 600 Artikeln nicht nur um Massenproduktion, sondern um viele Mittel- und Kleinserien geht. „Spezialform-Gläser sind das, was uns ausmacht“, sagt Peter Pokorny, Geschäftsführer bei Noelle + von Campe. „Viele Abnehmer beginnen bei uns mit der Fertigung von Kleinserien. Sie prüfen zunächst, wie Produkt und Glasverpackung auf dem Markt angenommen werden, und dann wachsen wir mit dem Kunden mit.“
Das Unternehmen aus Boffzen mit rund 500 Mitarbeitern deckt mit seinen Glasprodukten fast den gesamten Lebensmittelbereich ab. Die Kunden kommen überwiegend aus der mittelständischen abfüllenden Lebensmittelindustrie – viele davon aus ganz Europa. Das Sortiment von Noelle + von Campe ist beachtlich: Es gibt Verpackungsgläser für Obst, Gemüse, Wurst und Fisch, Feinkost und süße Aufstriche. Aber auch das altbekannte sechseckige, oval geformte Honigglas einer bekannten Marke rollt im Werk vom Band. Vor allem im Bio-Segment wächst das Auftragsvolumen. Brotaufstriche aus Linsen oder Roter Bete sind bei Kunden aus der Bio-Branche gerade der Renner. „Für viele Bio-Pioniere sind wir seit der ersten Stunde tätig“, sagt Pokorny stolz.
Um das steigende Auftragsvolumen bedienen zu können, investierte Noelle + von Campe in den vergangenen Jahren mehr als 80 Millionen Euro in den Bau einer zusätzlichen Werkshalle, die sogenannte „Glaswanne 5“. Die Volksbank Höxter hat den Ausbau des Werks mitfinanziert. Die neu errichtete Schmelzwanne am Ortsrand von Boffzen konnte gerade erst in diesem Frühjahr in Betrieb genommen werden.
Die Energieversorgung bleibt aktuell die größte Herausforderung für den Mittelständler. „Unsere Schmelzöfen müssen permanent mit Gas befeuert werden“, sagt Thomas Köhler, ebenfalls Geschäftsführer bei Noelle + von Campe. Wie alle Unternehmen, die viel Energie verbrauchen, kauft das Unternehmen eine fixe Menge Gas am Terminmarkt ein. Die aktuelle Energiekrise erzeugt große Unsicherheit, der Gaspreis schwankte zuletzt extrem. „Auf unserer Gasrechnung steht jeden Monat ein Millionenbetrag“, so Köhler.
In Krisenzeiten sieht der Glasproduzent seine Aufgabe auch darin, die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. „Wir haben eine Verantwortung dafür, dass die Regale in den Lebensmittelläden gefüllt sind und sich die Menschen darüber keine Sorgen machen müssen“, sagt Pokorny. So war es für die Mitarbeiter des Unternehmens auch während der Corona-Pandemie selbstverständlich, die Produktion durchgehend aufrechtzuerhalten – ein Balanceakt, denn viele Beschäftigte fielen pandemiebedingt aus.
Gerade weil Köhler und Pokorny wissen, dass sie in den gegenwärtig volatilen Zeiten nicht alles kontrollieren können, agieren sie proaktiv. Als im Februar 2022 der Krieg in der Ukraine begann, setzte man sich binnen weniger Stunden mit den Gesellschaftern zusammen, um mögliche Auswirkungen auf Energiekosten und Produktion zu besprechen und erste Maßnahmen einzuleiten. „Kurze Entscheidungswege, flache Hierarchien und die Nähe zu den Gesellschaftern sind für uns entscheidend“, erklärt Pokorny.
Bei ihren Mitarbeitern für die Heimat und die Region werben müssen die Geschäftsführer nicht, denn ein großer Teil ihrer Angestellten stammt aus Boffzen. Viele arbeiten bereits in der dritten Generation in der Glasproduktion und sind dem Unternehmen eng verbunden. Auch in Zukunft möchten die Geschäftsführer gerade junge Menschen dazu motivieren, sich für Boffzen und für ihr Unternehmen zu entscheiden. „Wir haben rechtzeitig in hochmoderne Arbeitsplätze investiert, die es mit denen in Großstädten aufnehmen können“, sagt Pokorny stolz.
Für ihre Bankgeschäfte schätzen die Unternehmer den Austausch mit ihrem Berater in der Volksbank Höxter. Durch die lange Zusammenarbeit stoße man auf großes Verständnis und Fachwissen, was es den Unternehmern einfach macht, sich bei Beratungen über strategische Entscheidungen miteinander auszutauschen. Wachstum und Heimatverbundenheit sind für Noelle + von Campe keine Gegensätze. Mit seinen Mitarbeitern hat der Glashersteller eines gemeinsam: Sie arbeiten mit Leidenschaft an ihrer Zukunft!