Gemeinsam zurück- und weiterdenken

HAUS GRÜNEBAUM – GROSSSTÄDTISCHE WARENHAUSARCHITEKTUR MIT GESCHICHTE
Die Geschichte des Hauses Grünebaum reicht weit über 100 Jahre zurück.
Damals ließ der Geschäftsmann Siegmund Grünebaum das Haus erbauen, um es als
Kaufhaus zu nutzen. Mit dem Erwerb des Hauses durch die VerbundVolksbank OWL
im Jahr 2023 begann die erneute Auseinandersetzung mit der bewegten und bewegenden
Geschichte der Familie und des Hauses Grünebaum.
Der Holocaust-Überlebende Max Mannheimer sagte einst im Rahmen einer Gedenkfeier zur Befreiung des Konzentrationslagers in Dachau: „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dafür, dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“ Diese Aussage muss als dringlicher Appell verstanden werden, damit das Vergessen nicht überhandnimmt. Gerade in Zeiten, in denen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zunehmen, ist die Gesellschaft aufgefordert, gegenzusteuern. Die überlebenden Zeitzeugen werden immer weniger, sodass wir ihr Vermächtnis bewahren und weitertragen müssen. Diesen gesellschaftlichen Auftrag hat auch die VerbundVolksbank OWL aufgenommen und mit Leben gefüllt, damit Geschichte erlebbar und erfahrbar wird.
Der 25. Juli 2024 war ein Tag voller Emotionen und ein historischer Moment, der in die Paderborner Stadtgeschichte eingeht: Die offizielle Umbenennung des ehemaligen Kaufhauses „Steinberg & Grünebaum“ in „Haus Grünebaum“ war für alle Beteiligten deutlich mehr als das Enthüllen einer Gedenktafel. Vor allem die Anwesenheit von rund 30 Nachfahren der Familie Grünebaum, die für die Umbenennung des Hauses und die Eröffnung einer begleitenden Ausstellung aus Israel und den USA angereist waren, sorgte für emotionale Momente. Diese Ausstellung, die im BeratungsCenter am Neuen Platz eröffnet wurde, trug den Titel „Das Haus Grünebaum im Herzen Paderborns – Großstädtische Warenhausarchitektur mit Geschichte“. Sie wurde von Heike Sondermann-Salzig, die die Kunst- und Kultursammlung der Bank betreut, in enger Zusammenarbeit mit dem Stadt- und Kreisarchiv Paderborn konzipiert.
Die Reaktionen dreier Generationen der Familie zeigten deutlich, wie wertvoll dieser Beitrag zur jüdischen Erinnerungskultur war. Steve Gray, ein Enkel des früheren Kaufhausgründers Siegmund Grünebaum, fasste es in seinen Dankesworten so zusammen: „Auch wenn niemand von uns je in Paderborn gelebt hat, ist die Stadt für unsere gesamte Familie mit einem besonderen Gefühl der Heimat verbunden. Wir sind der VerbundVolksbank OWL sehr dankbar für die Aufarbeitung, die namentliche Umbenennung des Hauses und besondere Würdigung unserer Familiengeschichte.“

30 Nachfahren der Familie Grünebaum kamen in Paderborn zu einem großen Familientreffen zusammen. Gemeinsam mit Heike Sondermann-Salzig und Ansgar Käter teilen sie die Freude über die Aufarbeitung der Geschichte rund um das Haus Grünebaum.
Die Geschichte des Hauses Grünebaum reicht bis in die Jahre 1909/1910 zurück. Damals ließ der Geschäftsmann Siegmund Grünebaum das Haus erbauen, um es als Kaufhaus zu nutzen. Die Verfolgung und systematische Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben brachte die Familie Grünebaum schon Mitte der 1930er-Jahre dazu, für sich in Paderborn beziehungsweise Deutschland keine Perspektive mehr zu sehen. So wurde das Kaufhaus 1936 zunächst pachtweise und 1941 schließlich durch den Verkauf an die Düsseldorfer Unternehmerfamilie Pötz/Löwe abgegeben. Die Familie emigrierte nach dem damit verbundenen sozialen Abstieg sowie den furchtbaren Auswirkungen der Arisierung in die USA.
Bereits mit dem Erwerb des Hauses durch die VerbundVolksbank OWL im Jahr 2023 begann die erneute Auseinandersetzung mit der bewegten und bewegenden Geschichte der Familie Grünebaum. Schnell wurde deutlich, dass der Vergangenheit des Hauses und dem damit verbundenen Schicksals der Familie neu gedacht werden müsse. Zudem machte der Vorstandsvorsitzende Ansgar Käter das Anliegen deutlich, „die Paderborner Öffentlichkeit hierfür neu zu sensibilisieren“. „Als Eigentümerin des Hauses tragen auch wir Verantwortung für eine gelebte Erinnerungskultur, damit sich die Vergangenheit nicht wiederholt“, unterstreicht Ansgar Käter die Rolle der Bank.
Um eine noch breitere, und vor allem auch die jüngere Öffentlichkeit zu erreichen, wurde die Ausstellung von flankierenden Social-Media-Maßnahmen begleitet. So gestaltete die Bank zum Beispiel einen eigenen Instagram-Account @haus.gruenebaum, auf dem neben historischen Bildern und Werbeanzeigen auch kurze Videos gezeigt wurden. Letztere entstanden in Kooperation mit Schauspielern des Theaters Paderborn, die Erinnerungen ehemaliger Angestellter und Briefe von Familienangehörigen szenisch nachstellten.
„Nie wieder ist jetzt!“ Diese Aussage zeigt auf, dass Vergangenheit nicht nur in Geschichtsbüchern existieren darf. Das Geschehene soll und muss in unseren Köpfen bleiben. Die VerbundVolksbank OWL zeigt hier große Zuversicht und setzt sich dafür ein, dass die Ausstellung nicht einmalig bleibt. Ansgar Käter betont die Zielsetzung der Bank: „Wir möchten die Erinnerungskultur lebendig halten, zum Beispiel durch eine Nutzung der Ausstellungsmaterialien in den regionalen Schulen.“

Aber auch ein „traditionelles“ Medium wurde eingesetzt: Das Buch „Eine ‚vernünftige‘ Auswanderung“ von Dr. Margit Naarmann wurde im Kontext der Ausstellung von der VerbundVolksbank OWL als Neuauflage herausgegeben. Es beschäftigt sich mit der Historie des Hauses und der bewegten Geschichte der Familie Grünebaum. Das Buch ist im Paderborner Buchhandel und online für 20 Euro erhältlich.

Eine Zeitreise voller bewegender und emotionaler Momente
Heike Sondermann-Salzig
Das Thema Antisemitismus bekommt durch die Ausstellung Gesichter und Namen. Wie ist es Ihnen bei den Recherchen ergangen?
Heike Sondermann-Salzig: Ehrlich gesagt war das ganze Ausstellungsprojekt für mich voller bewegender und emotionaler Momente. Es fing schon 2023 an, als ich mit den Recherchen im Archiv begann. Ich empfinde es als Privileg, die Geschichte der Familie Grünebaum in meiner Heimat erforscht haben zu dürfen, und blicke voller Demut und Dankbarkeit auf diese Zeit zurück.
Was hat dieses Projekt für Sie persönlich besonders gemacht?
Heike Sondermann-Salzig: Am Ende der Ausstellung durfte ich noch einmal zwei Tage mit Pete Gray und seiner Frau verbringen – das war eine besondere Zeit für mich. Ich hatte mich ja so lange mit der Familiengeschichte der Grünebaums beschäftigt und Pete ist das einzige noch lebende Familienmitglied, das hier geboren wurde. Die Briefe seiner Mutter Lilli fand ich besonders bewegend, sodass ich es natürlich sehr spannend fand, von Pete mehr über sie zu erfahren.
Es handelt sich um ein ernstes, trauriges Thema. Gab es dennoch auch einmal einen Moment, an dem Sie schmunzeln konnten?
Heike Sondermann-Salzig: Zum Glück gab es auch solche Momente. Spontan erinnere ich mich an die Erzählungen von Steve Gray über seine Mutter. Sie war wohl eine sensible und dennoch optimistische Person. Und nach all den Jahren berichtete er noch davon, dass sie außergewöhnlich gut backen konnte.

Blick hinter die Kulissen der Ausstellungseröffnung zum Haus Grünebaum
Unser Redakteur Lukas Heger spricht im Podcast mit Heike Sondermann, die die Kunst- und Kultursammlung sowie das Archiv der VerbundVolksbank OWL betreut, und Mara Möhlmann aus der Unternehmenskommunikation über ihre Eindrücke von der Ausstellungseröffnung zum Haus Grünebaum.