Aus der Region für die Region

In Krisenzeiten tragen Unternehmer oft eine besonders große Verantwortung. Das hat während der Corona-Pandemie auch der Bielefelder Frucht- und Frischehändler Steinkrüger erlebt – und ist dieser Verantwortung mustergültig gerecht geworden.

Wenn die Steinkrüger-Mitarbeiter durch Ostwestfalen-Lippe fahren, zaubern sie den Menschen ein Lächeln ins Gesicht und bescheren ihnen womöglich einen knurrenden Magen: Auf den weißen Kühl-LKW des Bielefelder Frucht- und Frischehändlers prangen neben dem Slogan „Freude an Frische“ drei große Herzen – geschnitten aus jeweils einer Erdbeere, einem Salat und einem Käse. Dieses Logo kommt nicht von ungefähr, sondern steht symbolisch für die wesentlichen Sortimentsbausteine des Bielefelder Unternehmens. Das Herz des Logistikers schlägt für die Frische – und für die Region. Steinkrüger beliefert rund 2.500 Kunden in Bielefeld, Gütersloh, Herford, Detmold, Paderborn, Borgholzhausen, Löhne, Halle und anderen Orten in OWL. Sogar in Hannover, Hildesheim, Osnabrück und Münster setzen Kunden auf die frischen Produkte des Händlers.

Geschäftsführer Olaf Matthies und Betriebsleiter Gurjit Deol

Qualität der Ware täglich im Blick

Die Lebensmittel der Firma sind beliebt, denn Steinkrüger arbeitet eng mit familiären Erzeugern aus der Region zusammen. „Ich rufe morgens beim Bauern an. Der geht aufs Feld, schneidet den Salat und mittags habe ich ihn hier“, sagt Geschäftsführer Olaf Matthies. Er weiß genau, wie viele Salatköpfe er braucht, denn jeden Morgen um sechs Uhr machen seine Mitarbeiter eine qualifizierte Inventur. „Wir prüfen zwar auch die Bestände im Abgleich mit den Daten aus unserem System, vor allem aber überprüfen wir jeden Morgen die Qualität der Ware. Wobei diese nur selten bei uns übernachtet, die überwiegende Mehrzahl der Artikel verlässt unser gekühltes Umschlagzentrum bereits wieder im Zeitraum von nur wenigen Stunden nach der Anlieferung.“

Die Anzahl der Auslieferungen am Folgetag haben Olaf Matthies und sein Team stets im Blick, denn Kunden können bis Mitternacht bestellen. Morgens gibt er den Bauern dann den Bedarf des Tages durch. „Ich kann bereits morgens um acht Uhr bis auf 500 Euro genau vorhersagen, was wir am nächsten Tag umsetzen werden.“ Er bezieht so viel Ware wie möglich lokal, nur die Lebensmittel, die es nicht in der Region gibt, bestellt er anderswo.

Das Herz des Logistikers schlägt für Frische. Davon profitieren die rund 2.500 Kunden, die von den Kühl-LKW beliefert werden.

Mit Transparenz und im Dialog

Als Matthies vor mehr als 20 Jahren im Einkauf bei Steinkrüger anfing, befand sich die Firma mitten im Umbruch. Rund 100 Jahre lang war der Fruchthändler im Besitz der Familie Steinkrüger, im Jahr 2000 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Matthies erlebte damals als Mitarbeiter, wie das Unternehmen von drei Gesellschaftern übernommen wurde – und zehn Jahre später wieder in die Insolvenz schlitterte. Matthies zeigte Verantwortung und kaufte das Unternehmen aus der Insolvenz: „Ich habe der Belegschaft im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung von meinen Plänen erzählt“, sagt der Unternehmer. Protest gab es keinen – wohl aber eine gesunde Portion Skepsis. „Das konnte ich voll nachvollziehen, immerhin hatte ich vor, die Firma umzukrempeln.“ Er wollte die Prozesse neu aufstellen, die „Zahlen unter Kontrolle kriegen“, wie er sagt, und digitalisieren.

Matthies setzte frühzeitig auf Transparenz und den Dialog mit den rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Viele von ihnen arbeiteten seit Jahrzehnten bei Steinkrüger. Der Geschäftsführer wusste aber auch: Um die Firma zu transformieren, konnte er nicht alles sofort anders machen. Stück für Stück stellte er alles auf den Prüfstand. Er rekrutierte jüngere Mitarbeiter, definierte Ziele und betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Das hieß auch, sich von Teilen der alten Kundenstruktur zu trennen. Mehr als hundert Jahre lang hatte Steinkrüger den Lebensmitteleinzelhandel beliefert. Matthies setzt stattdessen auf das gastronomieorientierte Geschäft, beliefert unter anderem Krankenhäuser, Betriebsrestaurants und Caterer. Dadurch hat sich auch das Sortiment verändert: „Nur mit Obst und Gemüse machen wir in der Gastronomie keinen Stich“, sagt der Unternehmer. Deshalb bietet er auch Molkereiprodukte, Feinkost und sogenannte Convenience-Produkte an – von frisch geschnittenen Salaten, Gemüse, Obst und Kartoffeln über vorgeschnittene Pommes bis hin zu fertig geformten frischen Klößen. Und das Sortiment wächst kontinuierlich um den Kernbereich Frische herum, so Matthies.

„Wir haben die Nachhaltigkeit und Qualität immer im Blick. Wo es geht, setzen wir auf regionale Erzeugnisse und auf Partner, die sich für einen schonenden Umgang mit der Umwelt einsetzen.“

Zehn Jahre hatte Matthies für die Transformation einkalkuliert – und dann kam die Corona-Krise. „Wir konnten uns nicht vorstellen, dass uns die Pandemie so hart trifft“, sagt der Geschäftsführer. Immerhin gibt es den alten Spruch „Gegessen wird immer“. Doch Restaurants und Betriebskantinen blieben geschlossen, Caterer hatten keine Veranstaltungen mehr zu beliefern und selbst die Krankenhäuser waren zwischenzeitlich nicht belegt. Steinkrüger meldete Kurzarbeit an und sprach mit seiner Hausbank. „Der Bankverein Werther hat in dieser sehr aufgeregten Zeit Ruhe bewahrt und stand vertrauensvoll an unserer Seite“, sagt Matthies. Auf dieser soliden Basis begann der Unternehmer, neue Ideen zu entwickeln. Innerhalb von 72 Stunden setzte er den B2C-Online-Shop „Steinkrüger Family“ auf. Hier konnten Privatpersonen und Familien aus OWL mit wenigen Klicks Obst und Gemüse bestellen und Steinkrüger lieferte. Der Service kam sehr gut an, sowohl bei den Endkunden als auch bei der Belegschaft. Als das B2B-Geschäft wieder anlief, stellte Matthies den Endkundenvertrieb schweren Herzens ein. Die Erfahrung hat ihn geprägt: „Der Weg war extrem steinig. Doch ich bin Unternehmer geworden, um etwas zu unternehmen – auch in schwierigen Zeiten.“